Bericht von Moritz Meyer-ter-Vehn aus Paris 1997/98

1-jaehriger Studienaufenthalt an der Universitaet Paris VII

Ich habe im Studienjahr 1997/98 an dem Erasmus Austausch zwischen den mathema- tischen Fakultaeten Freiburg und Paris teilgenommen. Diesen Erasmus-Platz habe ich zwar noch nie in irgendeinem offiziellen Verzeichnis gefunden (mittlerweile ist sie auf Soergels Auslandseite), auch bin ich mir immer noch nicht sicher, ob er nun fuer ein halbes oder ein ganzes Jahr gedacht ist. Sicher bin ich mir, dass dafuer alles super geklappt hat.

Die ansonsten wohl sehr umstaendliche Einschreibung mit Studienaequivalenzen an einer franzoesischen Hochschule entfallen fuer Erasmus Studenten. Eine DIN A4 Kopie der Bestaetigung, dass die Universitaet Freiburg mir den Erasmus Platz zugewiesen hat, war alles was ich vorlegen musste, damit die sehr freundliche Erasmus Betreuerin Mme Ville alle Buerokratie an der Universitaet fuer mich erledigt hat.

Als Erasmus Student hatte ich freie Wahl, welche Kurse ich belegen wollte (normalerweise haben franzoesische Mathematikstudenten das erste Mal im vierten Studienjahr wirklich zwischen Kursen zu waehlen). Diese Moeglichkeit habe ich gleich dazu genutzt mich mit meinem Vordiplom ins vierte Studienjahr, die Maitrise, einzuschreiben. Die Kurse verliefen irgendwo aehnlich wie hier auch: vier Stunden Vorlesung, sechs Stunden Uebung pro Modul, Seminare gibt es nicht. Die Uebungen sind Anwesenheitsuebungen, Hausaufgaben sind eher die Ausnahme. Die Stunden sind allerdings richtige Stunden, so dass ich durchaus mal sechs Stunden am Stueck in meinen Kursen war. Man schreibt pro Semester zwei Klausuren, wobei es genuegt die Abschlussklausur zu bestehen. Man wird also trotz des verschulten Systems nicht zu Anwesenheit in Kursen oder einer bestimmten Arbeitsweise gezwungen. Von den Modulen brauchen franzoesische Studenten vier bestandene (also zwei pro Semester) um die Maitrise zu bekommen. Die Klausuren sind schon knackig, und darauf angelegt, Leute auszusieben. Die Ergebnisse werden immer oeffentlich ausgehaengt, was aber auch alle gut so finden.

Ich habe sechs Module in Analyse Fonctionnel, Analyse Numerique, Topologie Algebrique, Algebre commutative, Logique, und Informatique fondamental besucht und in fuenf davon die Klausuren bestanden. Wie hier ja auch ist es immer auch sehr wichtig einen guten Professor zu erwischen. Da die Fakultaet riesig ist, kennen die Studenten die Professoren nicht richtig, und es ist schwer vorher brauchbare Informationen ueber Kurse zu bekommen, vor allem ueber schlechte.

Mir ist es am Ende des Studienjahres nach meinen bestandenen Klausuren gelungen, mich nachtraeglich als ordentlicher franzoesischer Student einzuschreiben, was offiziell und von vornherein sicher nicht funktioniert haette, da mir ja das dritte Studienjahr, die Licence, fehlte. So konnte ich nach drei Jahren Studium einen ordentlichen franzoesischen Abschluss machen (also fuer Leute die schnell fertig werden wollen). Die Leute in der Verwaltung haben mir lang und breit beschworen, das wuerde auf keinen Fall gehen und blablabla. Aber die Franzosen meinen auch selber, man solle so etwas auf keinen Fall ernst nehmen, es gehe doch immer. Beglaubigte Uebersetzungen zum Beispiel waren im Ende nie notwendig, egal was die Leute in Bueros zuerst gesagt haben.

Die Universitaet Paris VII bietet fuer auslaendische Studierende einen Franzoesisch Crash Kurs im September und Kurse in verschiedenen Niveaus ueber das ganze Jahr hinweg an. Ich habe den Jahreskurs belegt, der sehr gut gemacht war und eine sympathische Atmosphaere hatte. Anfangs war ich wegen meiner Sprachkenntnisse (2 Jahre in der Schule plus Kurse an Uni und Institut Francais) recht unsicher, ob das alles klappen werde. Fuer die Mathematik ist es aber gerade egal. Der Wortschatz ist sehr beschraenkt und entspricht bijektiv dem deutschen Mathematik Kauderwelsch. Von der Sprache her habe ich bereits in der ersten Woche mehr in Vorlesungen verstanden als nach dem Jahr in Kinofilmen. Fuer das Mathe Studium ist die fremde Sprache echt kein Problem.

Gewohnt habe ich in der Cite International Universitaire de Paris im 14ten Arrondissement, etwa 15 Minuten mit dem Fahrrad von der Uni, die total im Zentrum liegt. Das ist ein Campus mit etwa 35 Wohnheimen und 5500 Studenten aus ich weiss nicht wie vielen Laendern. Jedes Heim gehoert einer Nation, aber man wohnt nicht notwendigerweise dort. Ich habe z.B. im schwedischen Wohnheim gewohnt. War sehr nett. Man hat so viel mehr Kontakt zu Menschen, wenn auch nicht unbedingt Franzosen, und es ist irgendwo nicht richtig Paris. Naja. Zum Geld: Die Zimmer in der Cite kosten 1600 Franc von denen aber 600 der liebe franzoesische Staat traegt. Das Leben in Paris ist schon teurer als in FR - vor allem gibt es so viele schoene Moeglichkeiten Geld auszugeben - aber ich bin mit 1200 Mark im Monat plus insgesamt 1675 Mark von Erasmus gut ueber die Runden gekommen. Zu Paris selber muss ich wohl nix sagen, da gibt es schon tausend Buecher zu. Es gibt halt echt tous que vous voulez a Paris.

Alles in allem, kann ich die Erfahrung in Paris gelebt und studiert zu haben nur weiter empfehlen. Es war viel leichter als ich gedacht hatte. Zum praktischen Prozedere: Geht zu Soergel, geht ins akademische Auslandsamt, eventuell ins Institut Francais, Sprachkurse gibt es an Uni oder Institut Francais. Ich war im April vor meinem Jahr ein paar Tage in Paris um schon mit Leuten und Professoren zu sprechen. Das ist natuerlich nicht notwendig, aber hat mir das definitive Vertrauen gegeben, dass das was wird mit dem Jahr. Alors, profitez de cette chance! Bon courage!

Falls ihr noch Fragen habt, koennt ihr mich gerne anrufen oder mir E-mailen

Moritz Meyer-ter-Vehn, Tel 5009252, meyerte@ruf.uni-freiburg.de

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